Born to be Born
Cupras erster Vollstromer fährt mit 150, 204 oder dank E-Boost mit bis zu 231 PS vor / Drei Batteriegrößen
Von Günther Koch/Life-Magazin
Der kompakte Born der Seat-Tochter Cupra ist mit vollelektrischem Antriebsstrang bestückt. Foto: Koch
Barcelona/Sitges – Nein, Elektrofahrzeuge müssen nicht langweilig sein. Den Beweis dafür tritt nun auch die auf sportlichere Fahrzeuge mit höherer Leistung getrimmte Seat-Tochter Cupra mit dem neuen vollelektrischen Born an, der, gerade in Katalonien auf dem Weg von Barcelona nach Sitges vorgestellt, zu Einstiegspreisen ab 32 700 bis 45 000 Euro, wovon noch die Förderung abgeht, zu den Händlern kommt. Er ergänzt damit die bislang aus Formentor/Formentor VZ5, Leon, Leon Sportstourer und Ateca bestehende Modellpalette der noch jungen, erst 2010 gegründeten Marke.
VW ID3 ist technischer Bruder
Das Auto: Der nach einem Stadtviertel von Barcelona benannte Born baut technisch auf Volkswagen-Konzernebene auf dem ID3 von VW auf, wirkt sauber verarbeitet, mutet insgesamt recht wertig an, ist 4,32 Meter lang, 1,80/2,07 Meter breit und 1,54 Meter hoch. Der Radstand beträgt 2,76 Meter. Ins Gepäckabteil passen mindestens 385 Liter. Entwickelt am spanischen Stammsitz in Martorell, läuft er mit markanter Motorhaube, Haifischnase, großem Lufteinlass mit Rahmen aus edler Kupferfarbe, kantigem Kinn, scharfen Linien, imposanten Rundungen über Scheinwerfern und Kotflügeln, großen Rädern mit speziellem Design, Dachkantenspoiler und Heckschürze mit integriertem Diffusor wie sein technischer Bruder im sächsischen Zwickau vom Band. Innen geht es vom volldigitalen Cockpit über den freistehenden Touchscreen-Monitor und das Lederlenkrad bis hin zu den Schalensitzen genauso sportlich zu. Die Sicht nach hinten wirkt etwas eingeschränkt. Zum Eingewöhnen in die Bedienung insbesondere des Infotainments sollte man sich etwas Zeit nehmen.
Blick auf die Frontpartie mit dem kupferfarbenen Markenlogo vorn auf der Haube.
Ausschließlich mit Heckantrieb
Der Antrieb: Die Spanier bieten den kompakten, ausschließlich heckangetriebenen und, typisch für Elektroautos, spurtstarken Born in drei Leistungsstufen mit 150, 204 oder 231 PS sowie mit 45-, 58- oder 77-Kilowattstunden-Batterie an, wobei das Modell mit dem mittleren Akku rund 4500 Euro teurer ist als das mit dem schwächeren. Darüber sortieren sich die beiden E-Booster ein, die kurzzeitig sogar eben auf 231 PS kommen. Das maximale Drehmoment liegt bei allen Born bei 310 Newtonmetern an. Eine Ein-Gang-Getriebeautomatik mit Differenzial überträgt dies Kraft sanft auf die hinteren Räder. Die Elektronik regelt die höchste Geschwindigkeit bei 160 ab. Laut Cupra erreicht der vor der Radmitte oberhalb der Hinterachse verbaute Elektromotor mehr als 16 000 Umdrehungen pro Minute. Die Reichweite findet sich mit 340, 424, 420/540 Kilometern so zumindest im Datenblatt, die Ladedauer unserer ab 37 220 Euro teuren, leer 1736 Kilo schweren 204-PS-Testversion mit 58-Kilowattstunden-Akku je nach Anschluss mit 35 Minuten für 5 bis 80 Prozent der Batterie bis 6 Stunden und 15 Minuten komplett. Was den Stromverbrauch betrifft, hat der Bordcomputer bei uns am Ende nach normalen Orts- und Landstraßenfahrprofilen ohne größere Autobahnetappen bei moderater, möglichst konstanter Fahrweise ohne häufigere Lastwechsel mit wechselnden Fahrmodi 17,3 (statt maximal 16,8) Kilowattstunden angezeigt.
Der Elektro-Born steht in drei Leistungsstufen zur Wahl. Blick ins moderne Cockpit.
Fünf Modi, sportliches Fahrgefühl
Das Fahren: Allein schon der Heckantrieb sorgt für ein unterm Strich überaus sportliches Fahrgefühl. Weil die Akkus jeweils mittig zwischen den Achsen platziert sind, wirken sich der niedrigere Schwerpunkt und die hälftige 50:50-Gewichtsverteilung zwischen vorn und hinten positiv auf die Fahrdynamik aus. Gleich fünf Fahrmodi – Range (für mehr Reichweite), Komfort, Performance (für sportlicheren Auftritt), Individual sowie Cupra (nur in Verbindung mit E-Boost) – sind einstellbar, beeinflussen das Ansprechverhalten von Motor und Lenkung. In Sachen Antrieb nutzt der Born zwar den modularen Elektrobaukasten des Konzerns als solides Grundgerüst, legt das mit Adaptivregelung verbundene Sportfahrwerk jedoch vorn und hinten tiefer als die sonst übliche Standardhöhe bei dieser Plattform, wobei es die Federung selbst im sportlicheren Modus nicht unbedingt mit der Härte übertreibt. In 15 Stufen passen sich die Dämpfer in den verschiedenen Fahrsituationen an. Unmittelbare Richtungswechsel sind möglich. Selbst auf schwierigeren Straßen bleibt die Wendigkeit erhalten. Die Progressivlenkung gibt direkte Rückmeldung. Die Scheibenbremsen packen bei kräftigem Tritt standfest zu. Stellt man auf den entsprechenden B(rake)-Modus um, erhöht damit die Bremswirkung und lässt das Fahrpedal los, fungiert der Motor als Generator, speist Energie wieder in die Batterie zurück.
Heck-/Seitenansicht des fünftürigen Fünfsitzers. Das Gepäckabteil fasst 385 Liter.
Spezielles E-Boost-Paket
Die Ausstattung: Schon im Basispaket sind etwa Voll-LED-Scheinwerfer, Voll-LED-Rückleuchten, virtuelles Cockpit, 5,3-Zoll-Volldigital-Kombiinstrument, Klimaautomatik, Infotainment, 12-Zoll-Touchscreen, Digitalradioempfang, Smartphone-Einbindung, Sport-Multifunktionslederlenkrad, Sport-Schalensitze, Einparkhilfe, Spurhaltehilfe, Umfeldbeobachtung, City-Notbremsfunktion, schlüsselloses Startsystem, Mode-3-Ladekabel und 18-Zoll-Leichtmetallräder mit 215er-Reifen enthalten. Auf Wunsch kümmern sich bis zu elf elektronische Assistenzen um Wohlbefinden und Sicherheit der Insassen. Im E-Boost-Paket gehören größere Vorderbremsen, 19-Zöller und Speziallenkrad mit Satellitentasten zum Grundumfang.
Blick auf Markenlogo und Modellschriftzug hinten. So sieht der Born von der Seite aus.
Scheinbar mühelos
Alles in allem: Ja, ein Elektroauto kann auch emotionales Fahrerleben vermitteln, wenn es gelingt, Elektrifizierung, Performance und Nachhaltigkeit etwa im Fall der aus recyceltem Meeresplastik bestehenden Schalensitze unter einen Hut zu bringen und dazu noch über eine spezielle App alle Funktionen zu verwalten, wenn es um das Suchen von Ladestationen und das Laden selber geht. Der Born, dynamisch gestylt, leise, kraftvoll, scheinbar mühelos in der Fortbewegung, tut all dies. Für ihn gilt nicht nur „Born in Zwickau“ („Geboren in Zwickau“). Die Spanier könnten in ihm einfach auch nur „Born to be Born“ („Geboren, um Born zu sein“) sehen. Selbst wenn der Blinker etwas nervig klingt, das Bremspedal sich etwas weniger teigig anfühlen könnte, die von VW bekannten Bedienmängel vorhanden sind – und sich für die von den Wolfsburgern übernommene Tastenleiste unter dem Touchscreen, die unbeleuchtet und bei Dunkelheit kaum einsehbar ist, bei passender Gelegenheit sicher auch noch eine Lösung finden dürfte ...
Datenblatt
Motor: Permanent magneterregte Synchron-Elektromaschine. Leistung: 110/150, 150/204, 170/231 kW/PS. Maximales Drehmoment: 310 Newtonmeter. Beschleunigung: 8,9, 7,3, 6,6/7,0 Sekunden von 0 auf Tempo 100. Höchstgeschwindigkeit: 160 Stundenkilometer. Stromverbrauch (nach WLTP): Laut Cupra 15,5-16,8 Kilowattstunden pro 100 Kilometer. Batterie: Lithium-Ionen. Netto-Kapazität: 45, 58, 77 Kilowattstunden. Reichweite (nach WLTP): 340, 424, 420/540 Kilometer. Ladedauer: Je nach Anschluss 7 Minuten für zusätzlich 100 Kilometer Reichweite über 35 Minuten für 80 Prozent der Batterie bis 6 Stunden und 15 Minuten komplett. Ladeleistung: 11 Kilowatt an einer Gleichstrom-Ladestation bis 170 Kilowatt an einer Wechselstrom-Ladestation. Grundpreis: 32 700 bis 45 000 Euro.
KoCom/Fotos: Cupra
15. Oktober 2021