Donnerstag, 25. April 2024

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GALERIA REISE Alla Marinara: Am Golf von Neapel. Foto: Michael-Müller-Verlag
GALERIA REISE In Lindgrens Heimat Südschweden. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE In der (Süd-)Pfalz an der Weinstraße entlang. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Die Bretagne ist Frankreichs nordwestlichste Region. Foto: Michael-Müller-Verlag
GALERIA REISE Freilichtmuseum Bad Sobernheim zeigt das Leben, Wohnen und Arbeiten früher. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE In den schottischen Highlands: Kelten, Kilt und Whisky. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Über geflügelte Löwen, trutzige Festungen und eine Märtyrerin in Istrien. Foto: Rainer Waldinger
GALERIA REISE Ein Italiener in der Provinz / Vom Comer See nach Deutschland ausgewandert. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Zwischen Burgwald und Wollenberg weist Wetter eine lange Geschichte auf. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Heimat Hunsrück: Auf den Spuren einer filmischen Familiensaga. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Bedeutende Frauen in 800 Jahren Marburger Stadtgeschichte. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Am Point Alpha in der Rhön: Eine deutsch-deutsche Geschichte. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Biegung für Biegung: Deutschland ist schön - an der Mosel entlang. Foto: Günther Koch

Gute Reise!

"Eine Dame lebt in Venedig, / die ist mit achtzig noch ledig. / Sie beklagt sich nicht, / sie lächelt und spricht: / „Vielleicht war das Schicksal mir gnädig.“

Die Limericks, die Sie an dieser Stelle immer lesen, stammen alle von Ole Haldrup. Sein „Buch der Limericks“ (2003), dazu „Lirum, Larum, Limerick“ (2004) und „Das Geheimnis der fünften Zeile" (2007) sind zu beziehen über: Nereus-Verlag, Susanne Happle, Johann-von-Werth-Straße 6, 79100 Freiburg, Telefon 0761-403802, nereus-verlag @gmx.de. (gk)

Stadt der Störche

Burgenland-Trilogie (III): Mit Rust, wo ebenfalls der Wein eine große Rolle spielt, endet die Artikelfolge

Von Günther Koch/Life-Magazin

Malerisches Rust im Burgenland: Störche, Wein, Wasser. Foto: Koch

Rust – Wir sind aus der „österreichischen Steppe“ gekommen. Wir waren bei den Esterházys und bei Haydn in Eisenstadt, der Hauptstadt von Österreichs östlichstem Bundesland, dem Burgenland an der Grenze zu Ungarn und zur Slowakei. Jetzt zieht es uns noch einmal in die pannonische Ebene zurück, hinunter an den Neusiedler See, Europas zweitgrößten Steppensee nach dem Plattensee. Unser Ziel ist: Rust.

Im Römersteinbruch St. Margarethen

Die „Sonnenseite Österreichs“ hat auch ihre Schattenseiten. Zum Beispiel dann, wenn Blitz, Donner und sintflutartiger Regen gerade dann über dem Burgenland niedergehen, wenn auf der Freilichtbühne im Römersteinbruch St. Margarethen damals bei Mozarts „Zauberflöte“ die Königin der Nacht noch im ersten Aufzug ihren Auftritt hat. Vorbei ist es plötzlich mit Märchen und Mythen, mit Sarastros Sonnenreich, mit guten und mit bösen Mächten, mit der alles überwindenden Kraft der Liebe – in Sturzbächen schwimmt eine wunderbare Märchenzeit-Geschichte davon.

Bei den Seefestspielen von Mörbisch

Dabei war am Abend vorher, bei den Seefestspielen Mörbisch, wie St. Margarethen südöstlich von Eisenstadt im Westen des Neusiedler Sees gelegen, noch alles ganz anders gewesen: Ein lauer Sommerabend. Eine romantische Überfahrt von Illmitz aus mit dem Schiff mitten in die erst orangegelb und dann glutrot untergehende Sonne hinein ans andere Ufer. Ein junger Alexej, der in der Operette, damals Léhars „Zarewitsch“, zum Thronfolger Russlands erwählt wird, eine Position, die eine baldige Eheschließung und das Ballettmädchen Sonja als Geliebte verlangt, um ihn, den Schüchternen, der sich mehr für Sport und weniger für Frauen interessiert, aufs Eheleben vorzubereiten. Ach, so schön kann Liebe sein, auch ohne Blitze, die zucken, Donner, der grollt, und Regen, der lokal zumindest für kurze Zeit ein ganzes Land wegzuschwemmen scheint.

Meister Adebar bleibt von April bis August

Dann, am nächsten Morgen, Rust. Wieder die andere Seite des Burgenlands, die mit sommerwarmer Sonne und dem Gefühl, als schalte das Leben hier, rund um den Neusiedler See, einfach zwei, drei Gänge zurück. Weißstörche fliegen zum Zeitpunkt unserer Reise im August vorüber. Meister Adebar ist hier zu Hause, Bis zu 40 Störche sollen es Jahr für Jahr sein. „Die ersten“, erzählt Waltraud Kumer, die uns begleitet, „kommen schon im April und bleiben fast bis Ende August.“

Feuchte Wiesen und seichte Gewässer

Für die Langbeiner mit den schwarzen Federn im weißen Gefieder und dem roten Schnabel müssen die Feuchtwiesen hier in der pannonischen Ebene, der Schilfgürtel um den Neusiedler See und die Seichtgewässer noch wie ein Schlaraffenland sein. „Sonst würden sie doch“, folgern wir daraus, „nicht immer wieder hierher zurückkehren, nach Rust.“ Wo sie kaum nach der Ankunft gleich mit dem Liebeswerben und dem Klappern beginnen, auf den Rauchfängen der Häuser meist ihre Nester bauen. Wo sie brüten, ihre Jungen aufziehen und diese mit Nahrung versorgen, mit Regenwürmern, Insekten, Fröschen, Mäusen, Fischen. Ehe es dann erneut und oft über Tausende von Kilometern auf die lange Reise in wärmere afrikanische Gefilde ins Winterquartier geht.

Edelsüße Spätlese aus ausgewählten Schrumpftrauben

Rust ist freilich nicht nur für seine Störche bekannt. „Hier liebt man auch“, sagt Waltraud Kummer, „den Wein.“ Und schon sind wir mitten in Rusts Vergangenheit, Stichwort „Ruster Ausbruch“. Die edelsüße Spätlese aus speziell ausgewählten Schrumpftrauben wird nur hier hergestellt. Mit 500 Eimern davon, immerhin fast 30 000 Litern, sollen sich die Ruster die Erhebung in den Status einer Freistadt erkauft haben, den sie 1681 erlangen. Und zusätzlich zahlen sie den Habsburgern auch noch 60 000 Goldgulden dafür. Schon lange vorher sind sie im Besitz des Marktrechts. 1524 gibt ihnen Königin Maria von Ungarn Brief und Siegel, als Markenzeichen künftig ein gekröntes „R“ in ihre Fässer einbrennen zu dürfen. Noch heute, so lesen wir, nutzen die Ruster dieses „R“ als Gütezeichen im Korbbrand ihrer Flaschenweine.

Die Altstadt ist wie der Neusiedler See ein Weltkulturerbe

Mit Waltraud Kummer bummeln wir durch die Altstadt. Kein Wunder, dass die Unesco das Zentrum denkmalgeschützt und 2001 (zusammen mit der Region Neusiedler See) zum Erbe der Weltkultur gemacht hat, so malerisch wie es ist. Gepflegte Renaissance-, Barock- und andere historische Fassaden, schöne Fenster- und Portalumrahmungen, Erker, Wappen- und Stuckdekorationen zieren die Bürgerhäuser aus dem 16. bis 19. Jahrhundert. Rundbogenportale und Einfahrtsgewölbe scheinen in Rust in der Tat typisch zu sein: Immer wieder führen sie in idyllische Innenhöfe und ältere Hoftrakte mit gedeckten Stiegenaufgängen, Arkaden, teilweise sogar alten Stadtmauer-Resten. Zur Fischereikirche hin steigt der Platz langsam an. Das kleine Gotteshaus aus dem 11. Jahrhundert ist das älteste und kunstgeschichtlich bedeutendste Bauwerk der Stadt mit Fresken aus dem 12. Jahrhundert.

Auch Original-Drehort für den „Winzerkönig“

Als weiteres architektonisches Kleinod gilt der ehemalige Seehof, das älteste Haus der Stadt. In ihm hat mittlerweile die Österreichische Weinakademie ihren Sitz gefunden, gegründet erst 1989 nach dem Auftauchen von gepanschtem Wein im Burgenland und Niederösterreich, was den Nationalrat 1985 dazu veranlasst hat, das „strengste Weingesetz der Welt“ zu erlassen. Waltraud Kummer macht uns auf etwas aufmerksam, das hinter Blätterwerk versteckt im Innenhof an einer Mauer hängt: Es ist eine Klappe, wie man sie vom Drehen von Kino- oder Fernsehfilmen her kennt. „Motiv 6“ steht in der Mitte. Und daneben „Stadtvinothek“. Ganz oben die Logos vom Österreichischen Fernsehen ORF und der deutschen ARD. Darunter ist „Original-Drehort“ zu lesen. Auch hier ist also „Der Winzerkönig“ gedreht worden.

Mit Einblicken ins Alltagsleben der Weinbauern

Die von 2005 bis 2009 produzierte und erstmals 2006 ausgestrahlte Weinbauern-Soap gibt nicht nur Einblicke ins Alltagsleben von Winzern, sondern zeigt ebenfalls, und darüber freuen sich Burgenland-Werber wie Birgit Kössler vom Burgenland-Tourismus besonders, die „schönsten Seiten von Rust und der Region Neusiedler See-Seewinkel“. Kein Wunder, wenn Waltraud Kummer es gegenüber Rust-Besuchern ebenso damit damit hält: „Hier kreisen nicht die Geier, sondern die Störche.“       

Info Burgenland I

Das rund 284 000 Einwohner zählende Burgenland mit Eisenstadt als Landeshauptstadt ist das kleinste und östlichste Bundesland Österreichs. Slowakei, Ungarn, Slowenien, Steiermark und Niederösterreich grenzen an. Der Name Burgenland erinnert daran, dass das Land aus Teilen dreier altungarischer Komitate besteht, nämlich Wieselburg (Moson), Ödenburg (Sopron), Eisenburg (Vas) und Preßburg (Bratislava). Die Ausläufer der Alpen prägen den hügeligeren Süden, der Neusiedler See den flachen Norden, der zur pannonischen Ebene, abgeleitet von der römischen Provinz Pannonia, gehört. Das ganze Jahr über herrscht mildes Klima, das den Wein- und Obstanbau begünstigt. Das damals königlich-ungarische Rust mit seinen heute etwa 2000 Einwohnern verfügt schon seit 1681 über Stadtrechte. Wir waren in Frauenkirchen in der St. Martins Lodge & Therme (Vier-Sterne-Superior-Resort, 150 Zimmer/Suiten, natürliches Ambiente, am Rand des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel, www.stmartins.at) untergebracht.

Info Burgenland II

Die Küche ist eine regionale mit wienerischen und südosteuropäischen Einflüssen. Burgenländer mögen Kraut-, Eintopf- und Gemüsesuppen, den mit Kartoffeln oder Bohnen zubereiteten Sterz, Gulaschvariationen mit viel Zwiebel, Knoblauch und Paprika sowie verschiedene Strudel. Was die Weine betrifft, werden vor allem Blaufränkischer, Chardonnay, Weißburgunder, Welschriesling und Zweigelt angebaut. An Lokalen und Restaurants  können wir in Illmitz das „Presshaus“ (urgemütlich, regionale Küche, familiengeführt, www.presshaus.com), in Eisenstadt das „Henrici“ (modern, gegenüber Schloß Esterházy, pannonische Gerichte mit mediterranem Touch, www.henrici.at) und in Rust das „Hofgassl“ (burgenländisch, lauschiger Innenhof, www.hofgassl.at) empfehlen. Information: Tourismusverband Rust, Conradplatz 1, A-7071 Rust, www.rust.at, oder Burgenland Tourismus, Johann Permayer-Straße 13, A-7000 Eisenstadt, Telefon 0043-(0)-2682-633840, www.burgendland.info.

Service Auto

Mit dem Auto reist man von Deutschland aus am besten über Passau und dann weiter an Linz, Melk, Sankt Pölten und Wien vorbei an. Diese Strecke zieht sich. Bis an den Neusiedler See sind es noch gut 330 Kilometer. Für Autobahnen besteht Vignettenpflicht. In Orten dürfen Pkw und Wohnmobile Tempo 50, auf Freiland- und Schnellstraßen 100, auf Autobahnen 130 fahren. Ähnlich der Schweiz ahndet das Nachbarland Überschreitungen streng. Die Promillegrenze liegt bei 0,5. Wiens Flughafen Schwechat ist nur eine gute halbe Stunde vom Neusiedler See und Orten wie Rust entfernt. Bahnreisende steigen ebenfalls in Wien um.

Burgenland-Trilogie

Lesen Sie im Reiseteil dieses Life-Magazins im Rahmen unserer Burgenland-Trilogie noch über eine sonnige Biologiestunde im Nationalpark Neusiedler See sowie nach einem Besuch von Eisenstadt über Fürsten wie die Esterházys und Komponisten wie Haydn.

KoCom/Fotos: Günther Koch

7. August 2016