Freitag, 19. April 2024

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Gute Reise!

"Eine Dame lebt in Venedig, / die ist mit achtzig noch ledig. / Sie beklagt sich nicht, / sie lächelt und spricht: / „Vielleicht war das Schicksal mir gnädig.“

Die Limericks, die Sie an dieser Stelle immer lesen, stammen alle von Ole Haldrup. Sein „Buch der Limericks“ (2003), dazu „Lirum, Larum, Limerick“ (2004) und „Das Geheimnis der fünften Zeile" (2007) sind zu beziehen über: Nereus-Verlag, Susanne Happle, Johann-von-Werth-Straße 6, 79100 Freiburg, Telefon 0761-403802, nereus-verlag @gmx.de. (gk)

Fürsten und Komponisten

Burgenland-Trilogie (II): Besuch bei Esterházys in Eisenstadt setzt kleinen Seriendreiteiler fort

Von Günther Koch/Life-Magazin

Schloss Esterházy in Eisenstadt. Fotos: Koch

Schloss Esterházy in Eisenstadt. Fotos: Koch

Eisenstadt - Sie zählt rund 13 000 Einwohner, strahlt den liebevollen Charme eines kleinen Landstädtchens aus - und passt deshalb genau zum natürlichen, eher ruhig-stillen Charakter der gesamten Region. Eisenstadt, nicht weit von Ungarn und der Slowakei entfernt, ist die Hauptstadt von Österreichs östlichstem Bundesland, dem Burgenland. 

Am südlichen Fuß des Leithagebirges

Wir kommen aus der Ebene hinauf. Vom Neusiedler See, Europas westlichstem und mit 320 Quadratkilometern (nach dem Plattensee) zweitgrößten Steppensee. Ganz allmählich steigt die Landschaft am südlichen Fuß des Leithagebirges an. Wie auf einer Terrasse liegt Eisenstadt da. Waltraud Kumer erwartet uns schon - zu einem Streifzug durch ungarisch-österreichische Adels- und klassische Musikgeschichte.

Barockes Schloss ist Wahrzeichen im Burgenland

„Das Burgenland“, sagt unsere Begleiterin, „ist Esterházy-Land.“ Was sich im Zentrum von Eisenstadt, zumal im Schein der Sonne an diesem Vormittag, nicht übersehen lässt. Gleich hinter uns strahlt Schloss Esterházy im vollen ockergelben Glanz. Die barocke Residenz ist eines der Wahrzeichen im Burgenland, gibt Einblick ins ehemals höfische Leben dort. „Die Esterházys“, erzählt Kumer, „sind ein altes, bedeutendes ungarisches Aristokratengeschlecht, deren Ursprung sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen lässt.“

Vom ungarischen Kleinadel zu führenden Herrschern

Das erste Mal urkundlich als Familie Zerház de Zerhásház erwähnt wird der Name 1527. Als Stammväter der bis heute blühenden Hauptlinien gelten die Brüder Nikolaus, Paul und Daniel. Vor allem Nikolaus sei es gewesen, betont Kumer, der den Grundstein zum Aufstieg des ungarischen Kleinadels- zum führenden Herrscherhaus gelegt und den Weg der späteren Erhebung in den Grafen- und Fürstenstand „vor allem durch sein strategisches und diplomatisches Geschick“ geebnet habe.

Neben Haydn auch Liszt und Schubert

Im Treppenportal des Schlosses prangt das mächtige Wappen der Esterházys. Die Tür zum eigentlichen Prunkstück bleibt diesmal leider verschlossen: Der festliche Saal, der wegen seiner außergewöhnlichen Akustik zu den besten in Europa gehört, was Konzerte betrifft, ist nach dem Mann benannt, der von der auch kulturell engagierten Familie, die genauso das Talent von Franz Liszt entdeckte und Franz Schubert als Klavierlehrer für die jungen Gräfinnen beschäftigte, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts an ihren Hof geholt worden ist, nach (Franz) Joseph Haydn. Der 1732 geborene Niederösterreicher, Komponist und führender Vertreter der Wiener Klassik, hat nach den Worten Kumers den größten Teil seines beruflichen Lebens auf dem Landsitz der Esterházys verbracht, leitete deren Orchester und Oper.

Sarkophag in der kleinen Bergkirche

Eine Gedenktafel bei seinem Sarkophag in Eisenstadts Bergkirche, wohin uns Waltraud Kumer anschließend führt, bezeichnet ihn als den Musiker seiner Zeit, einen frommen, rechtschaffenen, milden und besonders wohltätigen „weltberühmten Kapellmeister des erlauchten Fürsten Nikolaus Esterházy de Galántha“, der die „Sieben Worte“ des Erlösers, die „Schöpfung“ der Welt und die „Vier Jahreszeiten“ erhaben in der Musik dargestellt und sich unsterblichen Ruhm erworben habe. Er sei zudem unter den Künstlern, „die unsere Sorgen vertreiben und das Gemüt beruhigen“, der erste gewesen, der von der „hochangesehenen Universität der Wissenschaften Oxford zum Doktor der musischen Kunst ernannt worden ist“.

Mit Mozart eng befreundet

Haydn („Meine Sprache versteht man durch die ganze Welt“) habe während der fast 30 Esterházy-Jahre eine Flut von Kompositionen geschrieben, sei mit Mozart eng befreundet gewesen, erzählt Kumer. Nach dem Tod von Fürst Nikolaus entlässt der offenbar „völlig unmusikalischer Nachfolger“ die gesamte Hofmusik, schickt auch den späteren Beethoven-Lehrer, bekannt für seine Oratorien, Messen und Streichquartette, in Pension. Haydn geht daraufhin nach England.

Dann doch Überführung in die Residenzstadt

Eine sich weiter verschlimmernde Krankheit sorgt zuletzt dafür, dass er nicht mehr komponieren und öffentlich auftreten kann. Haydn stirbt schließlich 1809 in Wien, wird im heutigen Haydn-Park in Meidling bei Wien beigesetzt. Die Esterházys, die den Schilderungen nach zunächst kein Interesse daran zeigten, ihren ehemaligen Bediensteten und dessen Genie angemessen zu würdigen, ließen den Leichnam 1820 dann aber doch exhumieren, um ihn nach Eisenstadt zu überführen. „Was beim Öffnen des Sargs freilich fehlte“, betont Kumer, „war der Schädel.“

Erst 1954 kam der richtige Schädel

Nachforschungen ergaben, dass ein Esterházy-Sekretär, Anhänger der Schädellehre, Totengräber, Gefängnisverwalter und Beamte bestochen hatte, das Grab wenige Tage nach der Beisetzung noch einmal zu öffnen und den Kopf zu stehlen. Erst 1954, so Kumer, sei der mit Hadyns Totenmaske verglichene richtige Schädel nach Eisenstadt gekommen.

Von Torten bis zum Gulasch

Die Esterházys sind (nicht nur) im Burgenland fast allgegenwärtig. Torten, Gemüse, Rollbraten, Steaks, Gulasch, in Frankreich sogar ein Husarenregiment hat man nach dem ungarischen Adelsgeschlecht benannt. Das Eigentum der Familie in Österreich ist auf Wunsch von Melinda Esterházy, Witwe des 1989 verstorbenen Fürsten Paul V, in Stiftungen eingebracht. In den einstigen Schlossstallungen in Eisenstadt wird im „Henrici“ heute die hohe Kunst der mit mediterranem Touch versehenen burgenländischen Küche zelenbriert.

Vom Fürstenhaus zur Marke

In Trausdorf vor den Toren Eisenstadts in Sichtweit der Residenz setzt das Esterházy-Weingut (www.esterhazywein.at) ein architektonisch überaus modernes Zeichen in der pannonischen Ebene, Motto „Vom Fürstenhaus zur Marke“, „Alte Herrscher als neue Macher“ oder einfach nur „Tradition verpflichtet“. Schließlich ist 1758 schon Order gegeben worden, Reben aus dem Burgund im Burgenland anzupflanzen. Die Weisung kam von Gräfin Maria Lunati-Visconti, Gemahlin Fürst Pauls II. Anton Esterházy.

Info Burgenland I

Das rund 284 000 Einwohner zählende Burgenland ist das kleinste und östlichste Bundesland Österreichs. Slowakei, Ungarn, Slowenien, Steiermark und Niederösterreich grenzen an. Eisenstadt ist die Landeshauptstadt. Der Name Burgenland erinnert daran, dass das Land aus Teilen dreier altungarischer Komitate besteht, nämlich Wieselburg (Moson), Ödenburg (Sopron), Eisenburg (Vas) und Preßburg (Bratislava). Die Ausläufer der Alpen prägen den hügeligeren Süden, der Neusiedler See den flachen Norden, der zur pannonischen Ebene, abgeleitet von der römischen Provinz Pannonia, gehört. Das ganze Jahr über herrscht mildes Klima, das den Wein- und Obstanbau begünstigt. Wir waren in Frauenkirchen in der St. Martins Lodge & Therme (Vier-Sterne-Superior-Resort, 150 Zimmer/Suiten, natürliches Ambiente, am Rand des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel, www.stmartins.at) untergebracht.

Info Burgenland II

Die Küche ist eine regionale mit wienerischen und südosteuropäischen Einflüssen. Burgenländer mögen Kraut-, Eintopf- und Gemüsesuppen, den mit Kartoffeln oder Bohnen zubereiteten Sterz, Gulaschvariationen mit viel Zwiebel, Knoblauch und Paprika sowie verschiedene Strudel. Was die Weine betrifft, werden vor allem Blaufränkischer, Chardonnay, Weißburgunder, Welschriesling und Zweigelt angebaut. An Lokalen und Restaurants  können wir in Illmitz das „Presshaus“ (urgemütlich, regionale Küche, familiengeführt, www.presshaus.com), in Eisenstadt das „Henrici“ (modern, gegenüber Schloß Esterházy, pannonische Gerichte mit mediterranem Touch, www.henrici.at) und in Rust das „Hofgassl“ (burgenländisch, lauschiger Innenhof, www.hofgassl.at) empfehlen. Information: Burgenland Tourismus, Johann Permayer-Straße 13, A-7000 Eisenstadt, Telefon 0043-(0)-2682-633840, www.burgendland.info.

Service Auto

Mit dem Auto reist man von Deutschland aus am besten über Passau und dann weiter an Linz, Melk, Sankt Pölten und Wien vorbei an. Diese Strecke zieht sich. Bis ans Ziel Neusiedler See sind es gut 330 Kilometer. Für Autobahnen besteht Vignettenpflicht. In Orten dürfen Pkw und Wohnmobile 50, auf Freiland- und Schnellstraßen 100 und auf Autobahnen Tempo 130 fahren. Ähnlich der Schweiz ahndet das Nachbarland Überschreitungen streng. Die Promillegrenze liegt bei 0,5. Wiens Flughafen Schwechat ist nur etwa eine halbe Stunde vom Neusiedler See und Orten wie Eisenstadt entfernt. Bahnreisende steigen ebenfalls in Wien um.

Burgenland-Trilogie

Lesen Sie im Reiseteil dieses Life-Magazins im Rahmen unserer Burgenland-Trilogie noch über einen Streifzug am Neusiedler See sowie über Rust, die Stadt der Störche und des Weins, wo unter anderem auch "Der Winzerkönig" gedreht worden ist.

KoCom/Fotos: Günther Koch

6. August 2016