Dienstag, 16. April 2024

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Blinklicht

"999"

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"Soll ich Sie mal zusammen mit dem Auto fotografieren?"

Netter Passant, der gesehen hat, dass wir Aufnahmen von einem sportlichen Testwagen gemacht haben. (gk)

"Geh' Ford"

Abgewandelter "Geh' fort"-Fernsehspruch von Heinz Becker/Gerd Dudenhöffer. (gk)

Erste Klasse

Mercedes fährt die neuen Maybach mit noch mehr Luxus auf Rädern als Acht- und Zwölfzylinder vor

Von Günther Koch/Life-Magazin

Die Maybach-Mercedes, hier als S580, bauen auf der S-Klasse auf. Fotos: Koch 

Immendingen – Selten dürfte – trotz Daimler Prüf- und Technologiezentrum vor Ort – die Maybach-Dichte in und um Immendingen herum, rund 6300 Einwohner, Landkreis Tuttlingen in Baden-Württemberg, nicht weit vom Bodensee, so groß gewesen sein wie jetzt in der zweiten Juni-Woche bei der Fahrvorstellung der ab Juli startenden Neuauflage der im Umfeld ihrer Bentley- und Rolls-Royce-Pendants unterwegs befindlichen Nobelkarossen. Wer genauer mitgezählt hat, ist immerhin auf vier Maybach S580, Stückpreis ab 164 565 Euro, und zwei S680, Stückpreis ab 217 323 Euro, gekommen 

Wadenmassage gefällig?

Das Auto: Seit 2014 ergänzt Maybach, vorher eigenständige Daimler-Marke, die Mercedes-S-Klassen nach oben. Die aktuellen Modelle, 5,47 Meter lang, 2,11 Meter breit, 1,51 Meter hoch, Radstand 3,39 Meter, nochmal ganz dem Fond zugutekommende 18 Zentimeter mehr als bei der 5,28-Meter-S-Klassen-Langversion, stellen als Krönung und Flaggschiffe des Flaggschiffs die Spitzenmodelle der großen Luxuslimousinen dar. Sie verfügen über spezielle Stoßfänger. Die Motorhaube mit der verchromten Finne setzt den Kühlergrill mit seinen Maybach-typisch vertikalen, dreidimensional gestalteten Zierstäben höher. In den Radhäusern haben bis zu 23 Zoll große Räder Platz. Die Fenstergrafik mit breiter Chromeinfassung und zusätzlicher Dreiecksscheibe an der hintersten Säule fällt auf. Innen geht es nobel zu mit edlem Holz und feinstem Leder. Selbst ans Massieren der Waden von Passagieren hinten, Schulter- und Nackenheizung, automatische Gurtbringer, Adaptivbeleuchtung, Bildschirm hinterm Vordersitz, herausnehmbares Tablet und Gläser für Champagner dort aus dem Kühlschrank im 505/495 Liter fassenden Kofferraum ist gedacht. Instrumententafel, Mittelkonsole und Armauflagen scheinen über weitläufiger Landschaft zu schweben. Üppig Platz selbst im Fond ist vorhanden. Ein angenehmes, freundlich-helles Raumgefühl stellt sich ein. Hinten sind die Türen breiter. Wer will, kann sie elektrisch angetrieben ordern. Besonderheit ist die Zweifarblackierung als Option.

Chromstäbe zieren die Maybach-Kühlergrill mit Schriftzug und Mercedes-Stern darüber.

S580 mit 503 (plus 22), S680 mit 612 PS

Der Antrieb: Zwei jeweils mit 4Matic-Allrad kombinierte Motorisierungen stehen zur Wahl. Es sind dies der S580 mit 503 plus 22 (Elektroboost-)PS und im Drehmoment so schon wuchtigen 700 Newtonmetern sowie der S680 mit 612 PS und noch enormeren 900 Newtonmetern. Die 4,0 und 6,0 Liter großen Acht- und Zwölfzylinder-Biturbobenziner aus dem AMG-Regal, beide nach der strengeren Abgasnorm Euro-6d freigegeben, beschleunigen diese leer 2290/2350 Kilo schweren Maybach in 4,4/4,5 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100, schaffen 250 Stundenkilometer Spitze. Eine sanft, schnell und präzise die neun Gänge wechselnde Automatik überträgt die Kraft auf alle vier Räder. In Verbindung damit geben die Stuttgarter den kombinerten, nach WLTP ermittelten Verbrauch mit maximal 10,9/14,1 Litern an, zumindest im Datenblatt, wonach innerorts auch schon mal fast 16/fast 21 Liter durchrauschen können. Wir haben den S580 gefahren, dessen Bordcomputer bei uns am Ende nach normalen Orts- und Landstraßenfahrprofilen ohne Autobahnetappe bei eher moderater und möglichst konstanter Fahrweise ohne größere Lastwechsel 12,3 Liter angezeigt hat.

Unter der Haube hier ist ein Achtzylinder am Werk. Das noble Cockpit ist auch übersichtlich.

Luftfederung mit Dämpferverstellung schon Serie

Das Fahren: Das Fahrwerk, serienmäßig schon mit Luftfederung und kontinuierlicher Dämpferverstellung versehen, lässt den Maybach überaus souverän über die Straße gleiten. Der Abrollkomfort selbst auf uneben-welligerem Untergrund ist hoch. Beim Tritt aufs Gaspedal geht es deutlich sportlicher zu Sache. Praktisch ist die automatische Niveauregulierung je nach Beladung. Über die Fahrprogramme ist der Wagen mit speziellem Modus sogar noch stärker auf Komfort einstellbar. Die optionale Hinterachslenkung erhöht die Wendigkeit in der Stadt und die Agilität in Kurven. Handelt es sich bei dem Chassis um das vollaktive auf 48-Volt-Basis, scannt es die Fahrbahn ab, bügelt langwellige Hindernisse glatt, schützt zudem bei einem Seitencrash, indem der Wagen angehoben wird. Mittels gegenphasiger Schallwellen gleicht eine aktive Fahrgeräuschunterdrückung erstmals unerwünschte, tieffrequente Töne aus. Die Lenkung gibt ausreichend direkte Rückmeldung. Die Scheibenbremsen verzögern wohldosiert und standfest. Mit dem Fahrpilot geht das hochautomatisierte Fahren bei Mercedes wohl noch im zweiten Halbjahr 2021 in Serie. Auf geeigneten Autobahnabschnitten und bei hohem Verkehrsaufkommen könnte die Elektronik dann das Fahren vorerst bis zum gesetzlich erlaubten Tempo 60 übernehmen.

Heck-/Seitenansicht des Viertürers. Das etwas größere S580-Gepäckabteil fasst 505 Liter.

Markentypisch immer wieder Rosegold

Die Ausstattung: Es gibt wie üblich bei Mercedes verschiedene Lines und Design-, dazu Exklusiv-, Leder- und Highend-Interieurpakete. Das Infotainment ist noch persönlicher und intuitiver bedien-, zudem mit verschiedensten Systemen und Sensordaten vernetzbar. Bis zu fünf Displays erleichtern die Steuerung von Fahrzeug- und Komfortfunktionen. Es gibt weitere Möglichkeiten der Personalisierung. Eine spezielle Assistenz erkennt Bedienwünsche, interpretiert Blickrichtung, Handbewegungen und Körpersprache der Insassen, um mit automatischen Fahrzeugfunktionen je nach Situation zu helfen. Die 3D-Laserkamera kann selbst Bewegungen und Gesten von Insassen hinten erfassen. Der Ausstiegswarner etwa registriert, wenn ein Passagier dort den Wagen verlassen will. Als Option erlaubt eine besondere Scheinwerfer-Technologie mit Digitallicht neue Funktionen wie das Projizieren von Hilfsmarkierungen oder Warnsymbolen auf die Fahrbahn. Im Verbund mit den Serien-Executive-Sitzen funktioniert das Chauffeurspaket den First-Class-Fond zum komfortablen Arbeits-, Ruheplatz oder zur Lounge um. Der klassische Luxus an Bord reicht von großen Zierteilen über noble Materialien bis hin zur markentypisch immer wieder eingesetzten Farbe Rosegold – die man entweder mag oder auch nicht. 

Blick auf die Modellkennung hinten. Und so sieht die 5,47-Meter-Limousine von der Seite aus.

Mehr Prestige und Präsenz

Alles in allem: Ob China, Russland, Südkorea, USA oder Deutschland als nach wie vor wichtigste Maybach-Märkte: Wer selten solche Luxuskarossen fährt, sollte nicht zuletzt wegen der Größe und natürlich wegen des hohen Preises etwas Respekt auch vor einem Maybach haben. Überrascht dürfte man jedoch sein, wie leicht(-füßig) er sich im Grunde bewegen lässt. In Neuauflage steht er für noch mehr Prestige und Präsenz. Die Frage, wo sie, wenn sie mit ihm fahren, Platz nehmen, stellt sich für Kunden, die sich ein solches Auto leisten können, freilich wohl eher nicht. Ob sie wissen, was ihnen möglicherweise auch selbststeuernd entgeht. Oder sollten sie es vielleicht doch einfach nur lieber mögen, hinten sitzend die Türen im Fond mit bloßer Hand- oder Armbewegung zu schließen, selbst wenn dies nicht immer klappt?

Datenblatt

Motor: Zwei Acht- und Zwölfzylinder-Biturbobenziner. Hubraum: 4,0, 6,0 Liter. Leistung: 370 plus 15/503 plus 20, 450/612 kW/PS. Maximales Drehmoment: 700, 900 Newtonmeter. Beschleunigung: 4,4, 4,5 Sekunden von 0 auf Tempo 100. Höchstgeschwindigkeit: 250 Stundenkilometer. Umwelt: Laut Mercedes Mixverbrauch 10,2-10,9, 13,3-14,1 Liter pro 100 Kilometer, 233-248, 305-322 Gramm Kohlendioxidausstoß pro Kilometer. Abgasnorm: Euro-6d. Grundpreis: 164 565 Euro (S580), 217 323 Euro (S680).

KoCom/Fotos: Günther Koch

16. Juni 2021